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Geschichte der Staatsanwaltschaft Ravensburg
Im damaligen Königreich Württemberg enthielt erstmals die Strafprozessordnung vom 01. Oktober 1843 Vorschriften für den
Staatsanwalt. Diese sahen vor, dass der König bei jedem der 4 Kreisgerichtshöfe in Württemberg einen Staatsanwalt und einen
Stellvertreter ernannte und zwar aus dem Kreis der Bezirksrichter oder aus den Mitgliedern des Zivilsenats des Kreisgerichtshofs. Einer der
Kreisgerichtshöfe war in Ulm eingerichtet, der u.a. die Aufsicht über die Oberamtsgerichte (Bezirksgerichte) im Donaukreis und
über die Oberamtsgerichte in Ravensburg, Biberach, Riedlingen, Tettnang, Saulgau, Waldsee, Leutkirch und Wangen hatte.Die
Strafverfahren waren und blieben allerdings auch nach 1843 „Inquisitionsprozesse“. Sowohl das Ermittlungsverfahren als auch die
Verhandlung und Aburteilung lagen meist in den Händen eines allzuständigen Richters. Dieser entschied, ob Ermittlungen
eingeleitet und mit welchem Ergebnis sie abgeschlossen wurden. Der Staatsanwalt durfte, soweit es zum Verfahren vor dem Kriminalsenat kam
und der Angeklagte nicht freizusprechen war, lediglich anhand der Akten prüfen, ob die Ermittlungen Mängel aufwiesen. Im
Endeffekt hatte er sich jedoch der Auffassung des Kriminalsenats anzuschließen und seine Anklage, die er im sog.
„Schlusstermin“ vorzutragen hatte, zugrundezulegen. Eine Rechtsmittelbefugnis war dem Staatsanwalt nicht eingeräumt.
Erst nach der Revolution von 1848/1849 wurde die Rechtsstellung des Staatsanwalts zunächst in den neu eingeführten Schwurgerichtssachen, erheblich aufgewertet.Grundsätzlich wurden die Ermittlungsverfahren zwar weiterhin von den Oberamtsgerichten geführt, der Richter hatte sich aber auf die zur Aufklärung notwendigen Untersuchungshandlungen zu beschränken und die Akten baldmöglichst dem Staatsanwalt zuzuleiten, der das Verfahren zur Anklage brachte. In der Verhandlung vor dem Gericht war dem Staatsanwalt ein Antragsrecht eingeräumt, auch konnte er Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Für den Bereich des heutigen Landgerichtsbezirks Ravensburg war das Schwurgericht seit 1849 in Biberach eingerichtet.
Erst nach Inkrafttreten der neuen Gerichtsverfassung und des neuen Verfahrensrechts am 01. Februar 1869 war Ravensburg Sitz eines Kreisgerichtshofes und nunmehr zuständig für Schwurgerichtssachen. An die Stelle des bisherigen Staatsanwalts trat das „Amt der Staatsanwaltschaft“ bei dem Kreisgerichtshof und den Kreisstrafgerichten. Die Staatsanwälte blieben jedoch weiterhin Mitglieder der Gerichte und konnten jederzeit in ihr Richteramt zurückkehren. Der Kreisgerichtshof und die Staatsanwaltschaft waren in Ravensburg seit Februar 1869 im Gebäude des ehemaligen Ravensburger Karmeliterklosters untergebracht, in dem sich noch heute das Landgericht Ravensburg befindet.
Im Laufe der Zeit wuchs die Bedeutung der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren stark an. Insbesondere bei schwereren Straftaten musste der Staatsanwalt von Anfang an in die Ermittlungen eingeschaltet werden und diese selbständig führen. Das Legalitätsprinzip wurde erstmals gesetzlich geregelt. Mit den Reichsjustizgesetzen von 1877, die am 01. Oktober 1879 in Kraft traten, wurde sodann im gesamten Deutschen Reich ein einheitliches Strafverfahren mit gleichen Rechten und Pflichten des Staatsanwalts eingeführt, die im wesentlichen heute noch Geltung haben. Die Regelung der Organisation der Staatsanwaltschaft blieb weitgehend der Justizhoheit der Länder vorbehalten.Durch zahlreiche Reformgesetze zur Änderung des Strafverfahrensrechts erlangte die Staatsanwaltschaft in der Folgezeit ihre heute beherrschende Stellung im Ermittlungsverfahren.
Noch bis 1967 war die Staatsanwaltschaft Ravensburg im gleichen Gebäude wie das heutige Landgericht Ravensburg untergebracht. Erst am 25. September 1967 zog sie in das heutige Dienstgebäude, dem ehemaligen Oberamteigebäude, in der Seestraße 1 um, wo heute 32 Staatsanwälte ihren Dienst als Organe der Rechtspflege versehen.